Nachbarschaftshilfe

Ein netter Nachbar bat mich um Hilfe. Er habe günstig einen mcHF-Clone mit der Bezeichnung „R928 PLUS Portabel“ erworben mit dem Fehler, es sende nicht. Es sei wohl ein Software-Problem. Da ich mein mcHF seinerzeit selbst aufgebaut habe, lag es nahe mich hier einmal zu versuchen.

Fehlerbild bestätigen

Der erste Test bestätigte tatsächlich, dass das Gerät einen unglaublich sauberen Empfang hat, jedoch keine Leistung auf die Antennenbuchse bringt.

Bootloader / Firmware erneuern

Eigentlich war eine aktuelle Firmware installiert. Mehrere (!) Versuche die richtige Firmware und den richtigen Bootloader zu bekommen haben schon einige Stunden gefressen. Bei group.io gibt es eine Community „RS-918-HF-SDR“ (https://groups.io/g/RS-918-HF-SDR-Transceiver) für die Weiterentwicklung des mcHF und der China-Clones bei der ich mich prompt anmeldete. Auch bei DF8OE gibt es einen immer noch aktuellen Bootloader. Zum Schluss habe ich eine Firmware gefunden, die auch erstmal draufbleiben sollte.

Aber alles ohne Erfolg. Das Gerät sendet einfach nicht!

Deckel auf

Also öffnen und gucken. Ich bin überrascht über die sauber aufgeräumte Bestückung der Platinen. Das sieht man nicht alle Tage bei den China-Geräten. Überall Bezeichnungen, die mit den mcHF-Schaltplänen erfreulicherweise identisch sind. Mir fällt auf, dass der LPF nicht vollständig bestückt ist. Soll so sein? Eine weiße Klebemasse hält die gewickelten Ringkerne in ihren Positionen. Es ist eine etwas andere Welt, als die, die ich vom mcHF kenne.

Überlegung: Da der mchf seine komplette Frequenzaufbereitung über einen LO (Localoszillator) steuert, scheint sich wohl auch HF im Gerät zu befinden. Das ist erstmal zu untersuchen, wie weit das Signal bis zur Endstufe durchgereicht wird. Mit dem tinySA und einer selbstgebauten Schnüffelsonde ist HF im Gerät aufzuspüren bis zum TX/RX-Umschalter. Fehler gefunden?

TX/RX-Switch – PTT-Umschalter 74HCT02 schaltet verschiedene Zustände u.a. auch PTT_5V und PTT_N5V, die an weiteren Stellen verwendet werden.

PTT_N5V werden korrekt geschaltet. PTT_5V schaltet einen Pegel von nur 0,38V statt 5V. IC kaputt? Austausch des ICs (Reichelt). Keine Wirkung, immer noch 0,38V.

Messen der Leitung gegen Masse mit einem Ohmmeter zeigt 9,8 Ohm (!). Es scheint tatsächlich ein Kurzschluss zu sein. Aber wo?

Ausbau der Vorstufentransistoren, die über ein Widerstandsnetzwerk die Vorspannung an den Basisanschlüssen aufteilt. Und tatsächlich kommt die HF nicht durch.
Das PTT-IC zeigt immer noch 0,38V am PTT_5V-Pin.

Die Transistoren sind funktionsfähig.

Die beiden Vorstufen-Transistoren

Einer von beiden Vorstufentransistoren vollständig intakt

(Blödsinnigerweise habe ich) Leiterbahnen aufgetrennt, um den Schaltweg der PTT_5V frei zu bekommen und den vermuteten Kurzschluss zu identifizieren. Keine Änderung. Oder was übersehen?

Neue Überlegung: Das LO-Signal wird durch den BPF über zwei Multiplexer-Schalter SN74CBT3253C jeweils einer am Eingang und einen am Ausgang des Filters geleitet. Ausbau der Multiplexer-ICs. Ist einer von beiden eventuell durchgeschlagen?
Keine Änderung, immer noch 0,38V beim Schalten.

Ein 5V-Signal jeweils am Pin 1 der ICs U1 und U2 sollten das TX_MIX HF-Signal korrekt durch die Bandpassfilter schicken.

Neuer Blick in den Schaltplan, der bis auf die Signalaufbereitung mit dem Plan von M0NKA in der Version 0.6.3 identisch ist. In einer unscheinbaren Nebenzeichnung ist ein 100nF gegen Masse im Schaltweg verzeichnet. Den findet man auf der anderen Seite der RF-Platine. Ich gehe mit der Lötspitze an den kleinen Kondensator mit der Bezeichnung C2c. Er bleibt sofort an Spitze kleben. Ich schüttele ihn ab, lasse ihn abkühlen und messe ihn mit einem Ohmmeter durch: 9,8 Ohm! War’s das?

 

Der Übeltäter C2c. Er hat 9,8 Ohm Durchgang und hat damit die PTT5V-Leitung gegen Masse gezogen.

Ohne C2c geht’s auch, soll aber so nicht sein.

C2c erneuert

Löte zwei neue Multiplexer-ICs für den Bandpassfilter wieder auf (mouser.de), lasse den C2c noch weg. Nun schaltet der TX/RX-Switch auch endlich die PTT_5V durch. Das war’s!

Saubere Lötpads belohnen einen mit einer ordentlichen Funktion

Messe die HF nun bis zu den Basisanschlüssen der Vorstufentransistoren. Das Widerstandsnetzwerk zeigt die korrekten Werte und Vorspannungen. Transistoren wieder eingebaut, PA-Transistoren wieder eingebaut, Dummy-Load am Antennenausgang.

  • Messung mit Oszilloskop an LO: HF vorhanden.
  • Messung mit Oszilloskop an Vorstufe: HF vorhanden.
  • Messung mit Oszilloskop hinter Vorstufe: HF verstärkt.
  • Messung mit Oszilloskop an PA: HF vorhanden.
  • Messung mit Oszilloskop an Antennenausgang: HF hoch verstärkt.
  • Messung mit Wattmeter: Ohne Ruhestromeinstellung ca. 3 Watt HF bei 13,3V an 50 Ohm.

Ein Test-QSO in fliegender Verdrahtung auf 20m mit einer italienischen Amateurfunkstation, die gerade irgendein spezielles Diplom vergibt, bescheinigt mir mit meinen 3 Watt einen Rapport von 59+10.

Zusammenbau und Deckel zu

Natürlich mussten die aufgetrennten Leiterbahnen (was für ein Schwachsinn!) wieder bereinigt werden. Wärmeleitpaste auf die Kühlbleche der Spannungsversorgung und PA-Transistoren. Ein paar Schönheitsmaßnahmen durchgeführt und auf Sichtdichtigkeit geprüft.

Nach dem Einschalten stelle ich fest, dass zwei Taster M1 und F3 nicht funktionieren. Nach einigen Recherchen fand ich in der Community den Hinweis, dass die eingebaute Realtime Clock RTC resettet werden soll. Tatsächlich… RTC im Menü resettet und die Taster funktionieren. Hier ein Video dazu: https://youtu.be/jdo6qnf98gU

Einstellen

Ruhestrom nach Anleitung auf 500mA eingestellt. Somit bekommt jeder Transistor 250mA. Irgendwo stand eine Regel, dass der Ruhestrom für einen korrekten Betrieb zwischen 100 und 350 mA einzustellen sei. Demnach liegt das Gerät also im grünen Bereich.

Nacheinander wird nun auf jedem einzelnen Band der Abgleich auf 5 Watt und dann auf volle Leistung (FULL) eingestellt. Daraus ergeben sich auch konkret die Ableitungen für 2W, 1W und 0,5W.

Auf allen Bändern mit Ausnahme des 60m-Bands werden 5 Watt HF an 50 Ohm Dummy und 13,3V Versorgungsspannung produziert. Im FULL-Modus werden unterschiedliche HF-Leistungen erzeugt, zwischen 6 und 9 Watt. Warum das 60m-Band mit seinen 3,5 Watt in beiden Einstellungen nicht mehr leistet, ist im Bereich der Spekulation. Mögliche Quellen sind im BPF und im LPF zu finden. Das war auch nicht Aufgabe dieser Reparatur.

Fazite

Kleinvieh macht auch Mist!

Es ist nicht alles Schrott, was aus China kommt!

Links:

RS918 SDR groups.io Community https://groups.io/g/RS-918-HF-SDR-Transceiver
M0NKA Downloads http://www.m0nka.co.uk/
Input Test der Taster auf Youtube https://youtu.be/jdo6qnf98gU
Anleitung zur Einstellung und Konfiguration https://github.com/df8oe/UHSDR/wiki/Adjustment-and-Configuration-Manual
DF8OE Bootloader und Firmware https://df8oe.github.io/UHSDR/
Bildergalerie http://dl8aap.koch-carsten.de/rs928-reparatur/
Downloads

 

 

 

HF-Sampler mit 40dB Abschwächung

Diskussion

  • Kommentatoren-Avatar
    Rüdiger — 06.01.2025 21:42 um 21:42

    Interessanter Bericht.
    Der RS928+ ist mW nicht mit der UHSDR FW von DF8OE kompatibel. Es läuft aber die FW von „Nazar“ die wohl sehr gut ist.

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